Endometriose
Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen bei Frauen* im gebärfähigen Alter - oft verbunden mit jahrelangen Schmerzen, unerfülltem Kinderwunsch und vor allem: medizinischer Unsichtbarkeit. Auf dieser Seite soll beleuchtet werden, was hinter der Krankheit steckt und warum Aufklärung so dringend notwendig ist.
Endometriose betrifft laut WHO weltweit rund 190 Millionen Frauen
(Vgl. World economic Forum, Insight Report 2024.)
Was ist Endometriose?
Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutterhöhle ansiedelt. Diese sogenannte „endometriumartige Gewebe“ kann an verschiedenen Stellen im Körper vorkommen. Besonders häufig im Bereich des Beckens, etwa an den Eierstöcken, dem Bauchfell oder dem Darm (vgl. Oehmke, S. 521; Götte/Kiesel, S. 2).
Das Problem: Auch außerhalb der Gebärmutter reagiert das Gewebe auf hormonelle Veränderungen des Monatszyklus. Es kann wachsen, bluten und Entzündungen verursachen. Das führt nicht nur zu schmerzen, sondern auch zur Bildung von Narben und Verwachsungen (Adhäsionen), die die Beweglichkeit von Organen einschränken können (vgl. Götte/Kiesel, S. 2f).
Die Ursachen der Endometriose sind bislang nicht eindeutig geklärt. Es gibt verschiedene wissenschaftliche Theorien. So etwa die retrograde Menstruation, bei welcher Menstruationsblut durch die Eileiter in den Bauchraum fließt. Oder die Metaplasie-Theorie, welche besagt, dass Zellen des Bauchfells sich in Gebärmutterschleimhaut umwandeln. Heute geht man unter anderem davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenspielen. Hier geht man von einer Beteiligung von hormonellen Einflüssen, genetischen Veranlagungen, einem gestörten Immunsystem, sowie entzündlichen Prozessen aus (vgl. Oehmke, S. 522; Götte/Kiesel, S. 2).
Zahlen & Fakten
10%
… der Frauen* im reproduktiven Alter sind von Endometriose betroffen
etwa 3 Jahre
… nach auftreten der ersten Symptome gehen Frauen* mit Endometriosebeschwerden deshalb zum Arzt
60%
… der Betroffenen wurde mitgeteilt, dass sie keine ernsthafte Erkrankung hätten
etwa 7 Jahre
… vergehen vom ersten Auftreten der Symptome bis zur richtigen Diagnosestellung
Mehr als 50%
… der Frauen* mit Endometriose suchten ihren Arzt:Ärztin etwa 5 mal auf, bevor sie an eine:n Spezialist:in überwiesen wurden
Ca. 45 Tage
… im Jahr durchschnittlich, verbringen Frauen* mit Endometriose im Krankenstand
(Untersuchung der National Endometriosis Society of Great Britain)
Symptome und Diagnoseschwierigkeiten
Die Beschwerden bei Endometriose sind vielfältig und von Frau* zu Frau* unterschiedlich. Häufige Symptome sind:
- sehr starke Regelschmerzen (Dysmenorrhö),
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie),
- chronische oder zyklisch wiederkehrende Unterbauchschmerzen,
- Rücken- und Beinschmerzen,
- sowie Beschwerden beim Wasserlassen und/oder Stuhlgang
- auch ungewollte Kinderlosigkeit kann ein Hinweis auf Endometriose sein
(vgl. Oehmke, S. 523; Mechsner, S. 480)
Besonders tückisch ist, dass viele Symptome unspezifisch sind, das heißt: sie können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Außerdem ist der Schweregrad der Beschwerden nicht direkt abhängig vom Ausmaß der Erkrankung. Manche Frauen* mit ausgeprägter Endometriose haben kaum Schmerzen, während andere mit nur wenigen Herden starke Beschwerden entwickeln (vgl. Mechsner, S. 480).
Die Unsicherheit erschwert die Diagnose erheblich. Laut Studien vergehen durchschnittlich 6 - 8 Jahre vom ersten Auftreten der Symptome bis zur richtigen Diagnose (vgl. Oehmke, S. 522). Ein weiteres Problem ist, dass die endgültige Diagnose meist einen operativen Eingriff (Laparoskopie) erfordert, denn bildgebende Verfahren wie Ultraschall und MRT sind häufig nicht aussagekräftig genug, vor allem bei kleinen und versteckten Herden (vgl. ebd. S. 523).
Medizinische Unterversorgung
Trotzdessen, dass rund 10% der Frauen* im gebärfähigen Alter betroffen sind, wird Endometriose medizinisch und gesellschaftlich vernachlässigt. Sie wird deshalb auch oft als „Krankheit ohne Lobby“ bezeichnet (Oehmke, S. 521).
Betroffene Frauen* berichten, dass ihre Beschwerden nicht ernst genommen oder als „normale Regelschmerzen“ abgetan werden. Viele suchen jahrelange Hilfe, bevor sie an Spezialist:innen überwiesen werden (vgl. ebd., S. 522).
Auch die Behandlung ist oft unzureichend. Obwohl es verschiedene Therapiemöglichkeiten gibt (medikamentös oder operativ), kommt es in bis zu 75% der Fälle zu Rückfällen, sodass wiederholte Eingriffe oder dauerhafte Behandlungen nötig werden (vgl. Götte/Kiesel, S. 2). Dies führt zu chronischen Beschwerden, psychischer Belastungen und erheblichen Leidensdruck. Die hohen Fehlzeiten im Beruf, welche sich bei Erkrankten auf durchschnittlich 45 Tage pro Jahr rechnen, zeigt zusätzlich die gesellschaftliche und auch wirtschaftliche Bedeutung der Erkrankung, welche neben der privaten Belastung hinzukommt (vgl. Oehmke, S. 522).

Warum Aufklärung zählt…
Endometriose ist keine seltene Randerscheinung, sondern eine weitverbreitete, oft chronisch verlaufende Erkrankung, die das Leben vieler Frauen* massiv beeinflusst. Körperlich, emotional und sozial. Trotz der hohen Zahl an Betroffenen bleibt sie vielfach unerkannt, verharmlost oder spät diagnostiziert. Die Folgen sind jahrelange Schmerzen, unerfüllter Kinderwunsch und erhebliche Einschränkungen im Alltag.
Gerade weil die Ursachen der Erkrankung bis heute nicht vollständig verstanden sind und die Behandlungsmöglichkeiten oft nur Symptome lindern, braucht es mehr wissenschaftliche Forschung. Ebenso dringend ist die gesellschaftliche Aufklärung: Nur wenn Endometriose als ernsthafte Erkankung anerkannt wird, können betroffene Frauen* früher Hilfe erhalten und mit mehr Verständnis und Unterstützung rechnen. Sichtbarkeit schafft Veränderung.
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